Wieso ist footpower Schuld, dass ich tauchen gehe?
Story von Michael Staudt
2005 reiste ich mit Lothar Jahrling nach Israel. Ein Orthopädietechniker aus Tel Aviv wollte unsere Einlagentechnik erlernen. Nach der Versorgung von 30 Patienten, hatten wir Zeit das Land kennenzulernen.
… Also sind wir für zwei Tage nach Eilat ans Rote Meer gefahren. Der Sohn des Orthopädietechnikers arbeitete hier an einer Tauchbasis und fragte mich, ob ich Lust hätte einen Schnuppertauchgang zu machen. Klar wollte ich und so ging es ab auf sechs Meter Tiefe in die bunte Korallenwelt. Ich war umringt von tausenden farbenfrohen Fischen und ich spürte – ich war in meinem Element.
Zuhause hatte mich der Alltag wieder und an Tauchen war nicht mehr zu denken. Aber die Lust diesen Sport zu erlernen blieb. Fast zehn Jahre dauerte es, den Traum vom Tauchen in die Tat umzusetzen. Ich war mit meinen Kindern auf Mallorca und jeden Tag schaute ich Booten mit Tauchern zu, wie sie raus aufs Meer fuhren. Wieder zurück in Deutschland, meldete ich mich für den Grundtauchschein an. Hier wird erstmal im Pool, also quasi unter kontrollierten Bedingungen und damit sicher, der Umgang mit dem Tauchgerät erlernt, bevor es ins Meer oder in den See geht.
„Jetzt hatte ich vollends Blut geleckt.“
Ich hatte nun vollends Blut geleckt und buchte gleich den nächsten Step, den sogenannten Bronze oder auch 1-Stern Tauchschein. Das ist die Lizenz, die dazu berechtigt zusammen mit einem Tauchpartner zu tauchen. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Tauchgang im See erinnern: Nur zwei Meter Sicht und das Wasser war grün. Ich war so aufgeregt und hatte alle Hände voll damit zu tun meine Tarierung zu halten. Tarieren bedeutet, das zu erfahren, was sonst nur der Astronaut in der Schwerelosigkeit erlebt: Schweben. Unter Wasser muss man lernen, dass Luft Auftrieb erzeugt und das ganze Tauchgerödel Abtrieb. Wenn beides im sogenannten hydrostatischen Gleichgewicht ist, schwebt man. Ein unglaubliches Gefühl und eine absolut andere Welt.
Sehr bald trat ich einem Verein, dem Grün-Weiß- Gießen bei, hier gibt es viele Gleichgesinnte und Tauchlehrer. Vor allem einer der Lehrer und guter Freund, Tom Baier, hat meine taucherische Ausbildung und Leidenschaft wesentlich geprägt. Nachdem ich die nächsten beiden Sterne, Silber und Gold als Brevet erhalten hatte, habe ich meine Lieblingstauchart entdeckt – das Kreislauftauchen oder auch Rebreather genannt. Hier wird die ausgeatmete verbrauchte Luft nicht ins Wasser „verblasen“, sondern in einem auf dem Rücken befindlichen Kalkbehälter zunächst vom Kohlendioxid befreit und anschließend mit Sauerstoff angereichert. Man atmet also die gleiche Luft wieder ein. Diese Art der Sauerstoffversorgung erlaubt geräuschlose und deutlich längere Tauchgänge als es durch die Nutzung von Pressluftflaschen möglich ist.
Mein schönstes Erlebnis war im Juni 2017 auf Socorro, einer kleinen Inselgruppe mitten im Pazifik. Der Topspot heißt Rocca Patida. Hier ragt ein Fels aus dem
Wasser, der dem Kopf eines Mantas gleicht. Genau diese Tiere erlebt man live, steckt man seinen Kopf unter Wasser. In etwa drei Meter Wassertiefe die Ausrüstung und den Tauchpartner checken und schon kann man den Blick in einer faszinierenden Welt umherschweifen lassen: Da ist ein fetter Schwarm dicker, grimmig dreinschauender Makrelen, in dem man sich plötzlich mittendrin befindet. Ab und an peitschen Gelbflossentunfische durch das schwimmende „Rudel“. Am Rand tauchen die ersten Haie auf und ziehen ruhig ihre Bahnen. Und dann, auf einmal sind sie da! Giant-Mantas mit ihren bis zu sieben Meter Spannweite – unglaublich beeindruckend. Die Planktonfresser kommen ebenso wie die Haie zu diesem Ort, um sich von kleinen Putzerfischen die Schmarotzer abpflücken zu lassen. Es gibt hier quasi einen Nichtangriffspakt unter den Tieren. Man kommt, lässt sich reinigen und schwimmt wieder weiter. Bis zu fünf Mantas umkreisten uns gleichzeitig. Man hängt mitten im Blauwasser und wartet einfach, bis einer dieser riesigen Tiere heranschwebt und einen mit nur 30 cm Abstand im Zeitlupentempo überfliegt, um zum nächsten Taucher zu entschwinden.
„Ein unglaubliches Gefühl und eine absolut andere Welt.“
Der Tauchgang geht weiter, vorbei an schlafenden Weißspitzenhaien. Diese Haiart verpennt einfach den Tag in Mulden am steil bergabfallenden Tauchspot und geht erst bei Dämmerung auf Jagd. Weiter geht es, um die felsige Erhebung im Wasser herum, als plötzlich eine unserer Taucherinnen einen Schrei ausstößt und mit ihren Arm nach oben deutet. Dort schwimmt majestätisch und ganz langsam ein großer Walhai heran. Diese Tiere werden bis zu 18 Meter lang. Wir arbeiten uns aus einer Tiefe von 25 Metern langsam Richtung Oberfläche, um dieses Tier aus der Nähe zu betrachten. Wir kommen uns auf einmal ganz klein und unbedeutend vor – sind unendlich dankbar alles live und in Farbe erleben zu dürfen.
Ich freu mich auch schon auf das nächste Mal in Kroatien. Dort kann man auf einer kleinen Insel mit dem Namen Vis wunderbar „technisch” tauchen – das bedeutet, lange und tief. Vor Kroatien liegen unglaublich viele Wracks. Die Tauchgänge zu den historischen Schiffen benötigen jedoch eine besondere Planung, denn die Tauchtiefe verhindert ein schnelles Auftauchen. Sogenannte Dekostufen müssen eingehalten werden. Zum Tauchen wird zudem keine Pressluft, sondern ein Heliumgemisch verwendet. Dazu muss man wissen, dass Sauerstoff ab einem gewissen Partialdruck toxisch wirkt und der Stickstoff in der Atemluft eine sogenannte Stickstoffnarkose auslösen kann. Wenn man den Umgang mit dieser Technik beherrscht, kann man unglaublich Spannendes erleben. So durfte ich z.B. bei einer Erstbetauchung dabei sein um das verschollene Schiff SS Maris in 75 Metern Tiefe wiederzuentdecken. Unter den Ersten zu sein, die das Schiff fast 90 Jahren nach dem Untergang besuchen, ist ein unbeschreibliches Gefühl. Die 30 Minuten Grundzeit am Schiff erkauft man sich jedoch mit 160 Minuten Dekozeit. So lange braucht es, bis man den Kopf wieder aus dem Wasser stecken darf, ohne dass der Körper einem das krumm nimmt. Mir macht das Tauchen soviel Spass, dass ich mittlerweile als Tauchlehrer anderen diese unglaubliche Welt zeige und ihnen mein Wissen weitergebe.
Genauso wie ich mich als Referent in der footpower-Akademie dafür begeistere, unser Spezialwissen an Teilnehmer weiterzugeben.
Michael Staudt, Mitgründer von footpower