Ich wollte mehr wissen.
Manuel König ist Orthopädieschuhmacher – und seit Mai hat er auch seinen Doktor der Medizinwissenschaft. Beides war nicht von vornherein klar, hat sich im Nachhinein aber folgerichtig ergeben. „Handwerk und Wissenschaft ergänzen sich ideal“, meint der 38-Jährige, der heute das Bewegungsanalyse-Labor bei Footpower in Gießen leitet. Besonders faszinierend findet er den Ansatz, mit Einlagen gezielt das sensomotorische System zu beeinflussen – und die Herausforderung, Messmethoden zu finden, mit denen man an einen Wirkungsnachweis gelangt.
Von der Orthopädieschuhtechnik zur Promotion.
An meinen Doktortitel habe ich mich noch nicht gewöhnt“, sagt Manuel König und bietet uns im gleichen Atemzug an, diesen im Gespräch wegzulassen. Über ein Jahr hat es sich hingezogen, bis er die Bewertung seiner Doktorarbeit im März 2021 erhalten hat. Eine ungewöhnlich lange Zeit, die es ihm nicht unbedingt leichter machte, sich nach bereits sechs Promotionsjahren auf die mündliche Verteidigung im April vorzubereiten: „Da hatte ich teilweise schon Bedenken, auf manche Fragen zu meinen Studien sagen zu müssen: Tut mir leid, das weiß ich leider nicht mehr, die Datenerhebung war 2015.“ Beruflich hätte bei ihm auch alles ganz anders kommen können, verrät König, denn der Berufseinstieg gestaltete sich sehr bewegt. „Ursprünglich wollte ich Medizin studieren, aber dieses Studium traute ich mir damals schlichtweg nicht zu“, erzählt er. Einfacher zu bewältigen, aber mit ähnlich interessanten Inhalten, erschien ihm das Studium der Sportwissenschaften. Durch sein Sportabitur gut trainiert, bestand er die Aufnahmeprüfung an der Sporthochschule Köln – musste den Studienbeginn aber aufgrund des Einzugs zum Zivildienst um zwei Semester zurückstellen. Weil König dann ein Fehler in der Postanschrift unterlief, kamen seine Einschreibungsunterlagen zu spät bei der zentralen Vergabestelle für die Studienplätze in Dortmund an. „Trotz aller Bemühungen hieß es letztlich, dass ich mich erst wieder im nächsten Semester hätte einschreiben können.“ Da zu diesem Zeitpunkt seine Frau und er bereits das erste Kind erwarteten, sei der Gedanke, ein halbes Jahr zu verschenken, nicht unbedingt attraktiv gewesen, erinnert sich König. Über die mit dem Ehepaar befreundete Tochter von OSM Lothar Jahrling entstand die Idee, es mit einer Ausbildung in dessen Betrieb in Gießen zu versuchen. „Lothar wusste, dass ich studieren wollte. Er wusste aber auch, dass meine handwerklichen Höhepunkte bis dato darin lagen, einen Nagel in die Wand zu hämmern. Daher einigten wir uns auf eine sechswöchige Probezeit, in der wir mein handwerkliches Geschick auf Herz und Nieren prüfen wollten“, so König. „Und tatsächlich war in diesem Punkt noch viel Luft nach oben, aber meine Begeisterung für diesen Job schien Lothar überzeugt zu haben, sodass wir uns für eine verkürzte Ausbildung entschieden.“ „In der Orthopädieschuhtechnik gibt es viele spannende Inhalte, die meinen Interessen entsprachen – Anatomie, das Wissen über die Krankheitsbilder, therapeutische Ansätze – und gleichzeitig gefiel mir der Umgang mit den Patienten sehr“, erzählt Manuel König. In Lothar Jahrling, Entwickler eines eigenen sensomotorischen Einlagenkonzepts und des darauf basierenden Footpower Franchise-Systems, habe er einen Ausbilder gefunden, der seine Neugier und seinen Wissensdurst von Beginn an gefördert hat. „Lothar triezte mich förmlich bei jeder Versorgung mit Fragen nach den funktionellen Zusammenhängen. Gleichzeitig bin wohl auch ich ihm manchmal mit meinen ständigen Fragen nach den genauen Wirkprinzipien der Einlagen auf die Nerven gegangen – Fragen, die man leider bis heute nicht hinreichend beantworten kann, auch nicht in der Wissenschaft.“
Futter für die nächste Versorgung
„Lothar hatte von Anfang an einen Plan für mich“, ist Manuel König überzeugt. Für seinen Ausbilder sei klar gewesen, dass sein Zögling nicht bei Einlagen und Maßschuhen bleiben würde. Und so unterstützte Jahrling ihn, als er nach zwei Jahren Ausbildung das Studium der Sportwissenschaften in Köln aufnehmen wollte. „Die bestandene Sportaufnahmeprüfung war nur noch bis dahin gültig, und deshalb schenkte er mir im letzten halben Jahr der Ausbildung einen Tag pro Woche, um in Köln studieren zu können.“ Natürlich habe Jahrling gehofft, dass Manuel König nach dem Studium wieder in seinen Betrieb zurückkehren würde, doch machte er es nicht zur Voraussetzung für seine Unterstützung. Mit Anfang 20 stand der angehende Geselle nun nicht nur vor der Herausforderung, die Ausbildung und das Studium unter einen Hut zu bekommen, sondern auch sein Privatleben und den Berufsweg: Inzwischen war sein zweites Kind auf der Welt. „Ich musste schon sehr zielgerichtet studieren. Da ich insgesamt täglich gut fünf Stunden zwischen Gießen und Köln pendelte, startete mein Tag morgens um 5 Uhr. Und nach den Vorlesungen, wenn meine Kommilitonen zum Beach-Volleyball gingen, musste ich direkt zurück. Zudem waren die Nächte wegen der kleinen Kinder mitunter sehr kurz.“ Um diese Belastung zu reduzieren und nebenher noch bei Jahrling arbeiten zu können, plante Manuel König schließlich alle Semester Veranstaltungen auf drei, maximal vier Tage pro Woche. „Rückblickend war diese Kombination für mich optimal“, so König. Im Gegensatz zu seinen Mitstudierenden, die noch keine Ausbildung im Gesundheitshandwerk absolviert hatten, schien er sich anatomische und biomechanische Inhalte leichter merken zu können. „Ich denke schon, dass es ein entscheidender Vorteil für mich war: So hatte ich zum Beispiel in den Vorlesungen von Prof. Gert-Peter Brüggemann häufig konkrete Versorgungsfälle vor Augen und verstand plötzlich den biomechanischen Zusammenhang und die Ursachen für vorliegende Beschwerden. Für viele andere waren die Lerninhalte theoretisches Wissen, für mich waren sie Futter für die nächste Patientenversorgung.“
Zurück ins Handwerk?
Obwohl er während des Studiums weiterhin bei Jahrling arbeitete, war es für Manuel König zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, einmal ganz ins Handwerk zurückzukehren. „Die weitere Erforschung der Grundlagen menschlicher Bewegung hatte für mich einen enormen Reiz. Daher war eine akademische Laufbahn zu diesem Zeitpunkt schon naheliegend.“ Dem folgend wählte er im Hauptstudium neben Prävention und Rehabilitation die Neurologie als weiteren Schwerpunkt. „Das hatte natürlich auch mit meiner Prägung durch Lothar Jahrling zu tun, der ja sein Einlagenkonzept anfangs vor allem bei der Versorgung von neurologischen Patienten entwickelte“. Aber auch die Forschung von Dr. Wolfgang Laube über die Komplexität des sensomotorischen Systems und die vielen, noch offenen Fragen spielten eine Rolle. Dass er nach dem Studium dann doch wieder zur Orthopädieschuhtechnik zurückkehren sollte, lag vor allem an seinen studienbegleitenden Praktika in Kliniken für Sporttherapie. „In dem Moment, als ich täglich am Beckenrand stand, um Aqua-Jogging-Kurse anzuleiten, wurde mir klar, dass mir der handwerkliche Aspekt fehlen würde“, erinnert sich Manuel König. „Ich wollte das theoretische Wissen direkt in handfeste Hilfsmittel ummünzen bzw einfließen lassen.“
Auf der Suche nach geeigneten Messmethoden
Letztendlich waren es die Fragen, wie Bewegung entsteht, welche Regelkreisläufe es gibt und wie man Bewegung durch individuelle Einlagen gezielt beeinflussen kann, die Manuel König nicht mehr losließen, die im Handwerk geweckt wurden und im Studium leitend für ihn waren. „Wir sahen in der praktischen Versorgung beeindruckende Behandlungsergebnisse mit unseren Einlagen und doch war es der Wissenschaft bis dato nicht gelungen, diese evident darzustellen. Die Datenlage war definitiv unbefriedigend. Ich dachte ständig, da müsse doch noch mehr gehen!“ Als Manuel König im Grundstudium die Aufgabe erhielt, ein kleines wissenschaftliches Projekt durchzuführen, stattete er acht Probanden mit Footpower-Einlagen aus und versuchte mittels Elektromyografie (EMG) zu erfassen, inwieweit diese Intervention die Aktivierung bestimmter Unterschenkelmuskeln beeinflusste. „Es ging aber damals vorrangig darum, das wissenschaftliche Arbeiten zu erlernen: wie stelle ich eine Hypothese auf, welche Parameter und welche Messmethoden wähle ich und wie werte ich die Daten am Ende aus. Es waren sozusagen meine ersten wissenschaftlichen Geh-Versuche, daher war die Aussagekraft dieser kleinen Untersuchung eher mäßig, erläutert er. Die Untersuchung, die er 2008 durchführte, fiel in eine Zeit, in der in der Wissenschaft zunehmend diskutiert wurde, inwieweit die Einlagenwirkung nur rein biomechanisch zu erklären sei. Denn damalige Studien, die die Effekte auf Basis kinematischer und kinetischer Parameter untersuchten, ergaben keine oder wenig einheitliche Ergebnisse. „Und spätestens mit den Ergebnissen von Stacoff, der Anfang der 2000er-Jahre mithilfe von Bone pins (im Knochen befestigte Schrauben zur Erfassung der Knochenbewegung) zeigte, dass das knöcherne System durch Einlagen kaum beeinflusst werden kann, war klar, dass es für die Einlagenwirkung neue Denkund messmethodische Ansätze bräuchte“, erläutert König. Denn auch die bestehenden Studien zum Einfluss der Einlagen auf die neuromuskuläre Kontrolle ergaben keine belastbaren Ergebnisse. „Ich hatte seitdem immer vor, die Frage nach einer geeigneten Messmethode für die Wirkung sensomotorischer Einlagen wissenschaftlich anzugehen“, berichtet Manuel König. Doch da sich zu der Zeit, als er sich der Diplomarbeit widmete, kein Forschungsangebot hierzu ergab und auch sein drittes Kind bereits das Licht der Welt erblickt hatte, entschloss er sich ganz pragmatisch ein ausgeschriebenes, schuhtechnisches Thema zu untersuchen. Als Teilfrage der Doktorarbeit von Steffen Willwacher, heute bereits selbst Professor an der Hochschule Offenburg, wurde im Institut von Prof. Brüggemann der Einfluss verschiedener Sohlenbiegesteifigkeiten auf die Biomechanik und die Aktivität ausgewählter Muskeln des Unterschenkels beim Laufen untersucht. „Man hatte damals festgestellt, dass die Dorsalextension der Zehen beim Laufen mehr Energie verbraucht, als sie einbringt. Um diesen Energieverlust zu reduzieren, hat Darren Stefanyshyn, ein Schüler von Benno Nigg, schon Anfang der 2000er Jahre Carbonfaserplatten in Laufschuhe gelegt, und hiermit die Dorsalextension im Zehengrundgelenk eingeschränkt“, erklärt er. „Unsere Ergebnisse konnten diesen Effekt deutlich untermauern. Wer weiß, vielleicht hat sich Nike ja für den Laufschuh, mit dem Eliud Kipchoge 2019 als erster Mensch der Welt einen Marathon unter zwei Stunden lief etwas von uns abgeguckt“, unkt König. Immerhin sei der Einfluss des Schuhs auf seine Laufleistung damals heiß diskutiert worden. Jedoch lässt sich diese Sohlenversteifung, wie sie in den letzten vier bis fünf Jahren zunehmend Zugang zum Laufschuhsektor fand, durchaus kritisch betrachten, wie Manuel König erläutert: „Energetisch gibt es definitiv Vorteile durch höhere Sohlenbiegesteifigkeiten. Jedoch birgt es unter anderem durch die veränderten Hebelarme nicht unerhebliche orthopädische Risiken, die wir als Orthopädieschuhtechniker schon lange im Kontext der Versorgung mit Rigidusfedern kennen.“
Lehrtätigkeit bei Footpower
Noch vor Abschluss seines Diplom-Studiums begann Manuel König 2010 ander Footpower Akademie in Gummersbach zu referieren – beginnend mit dem Basis-Seminar, in dem die Teilnehmenden die theoretischen Grundlagen der sensomotorischen Einlagenversorgung nach Jahrling als auch die handwerklichen Herstellungsprozesse vermittelt bekommen. „Ich hatte also einen handwerklichen Job bei Footpower Gießen, lehrte in der Footpower Akademie und arbeitete an meiner Diplomarbeit. Für mich war das genau die Kombination zwischen Handwerk und Wissenschaft, die dann auch die folgenden Jahre bestimmen sollten“, blickt König zurück. Nach seiner Diplomarbeit heuerte er ganz bei der Footpower Service GmbH, dem Franchise-Geber des gleichnamigen Systems in Gummersbach an. Während er im Außendienst die Franchise-Nehmer vor Ort schulte und in der Entwicklungsabteilung die sensomotorischen Einlagen weiterentwickelte, erweiterte er auch die Lehrtätigkeit an der Akademie, bis er 2014 die Leitung derselben übernahm.
Mit Methoden der Hirnforschung menschliche Bewegung untersuchen
Trotz, oder gerade wegen seiner täglichen Arbeit beim Footpower Franchise ließ ihn die Frage nach einem geeigneten Ansatz für den Wirkungsnachweis sensomotorischer Einlagen nie los. Und obwohl mittlerweile drei Jahre seit dem Diplom vergangen waren, machte sich Manuel König einmal mehr auf den Weg nach Köln, um mit Prof. Brüggemann zu besprechen, inwieweit sich aus dieser Frage nicht ein Promotionsthema stricken ließe. „Nur, dass diesmal der Gedanke war, nicht auf die Muskeln, sondern in den Kopf zu schauen. Hintergrund war die Idee, dass der Einfluss sensomotorischer Einlagen womöglich über eine Änderung der Hirnaktivität darstellbar wäre“, so König. Erste Ansätze, diese These mithilfe der Elektroenzephalografie (EEG) zu verfolgen, erwiesen sich aufgrund der großen Bewegungsartefakte bei raumgreifenden Bewegungen als nicht zielführend. Doch über weitere Kontakte von Prof. Brüggemann kam Manuel König letztlich zu Prof. Hellmuth Obrig an der Universität Leipzig, der mittels einem verhältnismäßig neuartigen Ansatz ebenfalls Hirnaktivitäten messen konnte: dem funktionellen Nahinfrarotspektroskop (fNIRS). Hierbei wird infrarotes Licht in das Gehirn emittiert. Durch die Lichtmenge, die aus dem Schädel wieder zurück reflektiert wird, lassen sich Rückschlüsse auf die Aktivität bestimmter Hirnareale ziehen. „Diese Methode für das Verständnis von Bewegung einzusetzen, war damals noch kein verbreiteter Gedanke“, erzählt Manuel König. 2001 hatte zwar eine japanische Forschungsgruppe ihre Arbeit dazu mit Probanden auf einem Laufband begonnen. „Doch war das damals noch sehr umständlich“, weiß König, die Probanden mussten einen Helm tragen, der über lange, schwere Kabel mit einem riesigen Apparat verbunden waren. „Dennoch konnte man feststellen, dass die Ergebnisse denen ähnelten, die mit dem funktionellen MRT durchgeführt wurden. Bei fMRT- Studien bewegt man sich zwar nur im Liegen und ahmt beispielsweise mit den Füßen gangähnliche Bewegungen nach, aber sie gelten bis heute aufgrund der hohen Messgenauigkeit und der Eindringtiefe als Goldstandard.“ 2010 entwickelte die gleiche japanische Gruppe ein tragbares Nahinfrarotspektroskop, wenn auch nur mit sehr wenigen Messpunkten an der Stirn. Für Manuel König Grund genug, um mit Prof. Obrig eine Firma in Berlin aufzusuchen, die diese Technik so weit vorangetrieben hatte, dass eine Vielzahl von Messpunkten möglich war und der gesamte Apparat in einem Rucksack verstaut werden konnte. „Unsere ersten Probemessungen an uns selbst haben sogar Prof. Obrig überrascht: Die Kurven sahen trotz der nicht ganz erschütterungsarmen Gangbewegung genau so aus, wie man es aus anderen Studien mit weit weniger störanfälligen Bewegungen kannte“, meint Manuel König. Das war der Startschuss für seine externe Promotion an der Universität und dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. „Die Distanz war kein Problem. Ich musste eigentlich nur für die Messungen jeweils ein bis zwei Wochen Urlaub nehmen, um vor Ort in Leipzig zu sein. Den Rest konnte ich von zuhause aus erledigen“, so König. Im Rahmen seiner Arbeit wollte er zeigen, ob es mithilfe eines tragbaren Nahinfrarotspektroskops möglich ist, die Gehirnaktivität, besser die Aktivität ausgewählter Regionen der Hirnrinde bei unterschiedlichen lokomotorischen Aufgaben darzustellen. Basierend auf der damaligen Erkenntnislage lautete hierbei eine Hypothese, dass ungewohnte Fortbewegungsaufgaben die motorischen Zentren der Hirnrinde stärker fordern als gewohnte, automatisierte Bewegungsmuster. Tatsächlich stellten König und Obrig in einer ersten Studie mit 23 gesunden, jungen Probanden fest, dass bei einem gewohnten, rhythmischen Gehen eine wesentlich geringere Aktivierung des Kortex zu sehen war als beim ungewohnteren Bewegungsaufgaben, wie zum Beispiel dem unrhythmischen Gehen oder dem Treten auf der Stelle. „Dieses Ergebnis, aber auch die Qualität der Daten war für uns natürlich großartig“, so König. Motiviert durch diese Ergebnisse wurde in einer zweiten Studie das gleiche Untersuchungsparadigma bei Schlaganfallpatienten mit einer milden Hemiparese angewendet. „Interessanterweise zeigten sich hier genau gegensätzliche Ergebnisse als bei den jungen Gesunden. Diese Ergebnisse waren für uns schon etwas überraschend. Aber letztlich stand für uns die Machbarkeit der fNIRS bei Schlaganfallpatienten im Vordergrund. Und das konnten wir gut darstellen.“ „Spätestens jetzt sollten eigentlich die sensomotorischen Einlagen ins Spiel kommen“, erzählt Manuel König. Denn die Idee sei folgende gewesen: „Wenn sensomotorische Einlagen gewohnter Bewegungsmuster derart provozieren, dann könnte – ein überschwelliger Reiz vorausgesetzt – eine sichtbare Reaktion auf kortikaler Ebene eventuell messbar sein. Und umgekehrt könnte es vielleicht sogar so sein, dass die Aktivität des Kortex nachlässt, wenn sich das sensomotorische System an den neuen Reiz der Einlagen gewöhnt hat. Dies könnte dann wiederum im Rahmen von therapeutischen Interventionen nutzen, um daraus ableiten, wann der nächste Schritt in der Therapie oder eine angepasste Einlagenversorgung angezeigt ist.“ Da sein Doktorvater ihm aber angesichts bestehender Datenfülle davon abriet, noch weitere Studien durchzuführen, einigte man sich darauf, dieser Fragestellung nach der Promotion in einem anderen Rahmen nachzugehen. „Natürlich war das etwas ernüchternd, dass ich zu diesem Zeitpunkt aufhören sollte. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt auch schon gut fünf Jahre ins Land gegangen und ich wollte das Projekt auch mal abschließen. Und mit den Ergebnissen war ich mir sicher, dass dieses Thema für mich noch nicht zu Ende ist“, erzählt König.
Zurück bei footpower Gießen
Um sich in den letzten Monaten seiner Doktorarbeit stärker auf diese konzentrieren zu können, hatte Manuel König bei Footpower Gummersbach zwischenzeitlich gekündigt. Immer noch bei Gießen lebend, begann er kurz vor Fertigstellung der Doktorarbeit zunächst als Freelancer für Footpower Gießen regionale Bundesligavereine zu betreuen, bevor er im Januar 2019 wieder voll ins Unternehmen einstieg – nun als Geschäftsbereichsleiter Analyse und Prävention. Neben der Weiterentwicklung der Abteilung für Bewegungsanalyse möchte er mit seinem sport- und medizinwissenschaftlichen Know-how zukunftsorientierte Projekte bei Footpower Gießen vorantreiben. „Das könnte auch in Form von wissenschaftlichen Projekten in Kooperation mit einer Universität sein“, so König. „Wir könnten zum Beispiel einen Studierenden begleiten, der in seiner Masterarbeit untersucht, ob sich die Intervention mit einer sensomotorischen Einlage mit dem NIRS kortikal darstellen lässt. Entsprechende Gespräche hierzu befinden sich gerade im Anfangsstadium. Dann wäre erreicht, was ich all die Jahre im Kopf hatte.“